Politik macht ernst und ignoriert Pflege

Aktuell vom Hauptstadtkongress 2009 aus Berlin:

Noch in der Eröffnungsbefragung äußerte Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt, auf das Thema Pflegeausbildung mit Hauptschulabschluss angesprochen, sie ist für eine Zulassung nach 10 Jahren allgemeinbildender Schule. Sie vermied den Begriff Hauptschulabschluss, obwohl dieser von der befragenden ZDF-Journalistin Karin Vanis vorgegeben wurde. Außerdem sagte Fr. Schmidt, in diesem Rahmen, nichts von einer nur 9-jährigen Schulzeit. Man konnte fast den Eindruck haben, in den Denkstrukturen der Gesundheitsministerin sei ein Anflug von Vernunft eingekehrt.

Um 14:00 Uhr erfuhr die Öffentlichkeit von MdB Willi Zylajew, dass der Gesundheitsausschuss unmittelbar zuvor, die 9-jährige Schulzeit als Zulassungsoption für die Pflegeausbildung mit aufgenommen hatte.

Marie-Luise Müller (Präsidentin des DPR) erklärte sichtlich bewegt, dass der Deutsche Pflegerat noch am Vorabend, eine Kompromiss-Position im BMG eingereicht hatte, um ein Entgegenkommen zu sigalisieren. Wiederum wurde aber die Meinung der Pflege, wie schon vorher die von Verbänden und DIP, völlig ignoriert und eine politisch motivierte Entscheidung, einfach durchgedrückt.

Letztlich macht die Politik deutlich, wie wenig ihr an den großspurig formulierten Zusagen, die Pflege fördern zu wollen, wirklich liegt.

Ein Teilnehmer des Hauptstadtkongresses gab zu bedenken, dass 1,2 Millionen Pflegende auch 1,2 Millionen Wähler sind, darauf sollten wir die Politiker mal aufmerksam machen. Es gibt Politiker und Parteien, die die Interessen der Pflege ernster nehmen und sich auch entsprechend positionieren.

Aktualisierung 28.05.09, 11:00 Uhr:

Wie aus Reihen des DBfK und DPR bekannt wurde, war die gestrige Aussage von Hr. Zylajew (MdB), wenn nicht falsch doch zumindest stark verkürzt. So bezieht sich nach jetzigem Kenntnisstand die 9-jährige Schulbildung auf die Krankenpflegehilfe und ist nur mit dieser als Zugangsmöglichkeit für die Krankenpflege zu sehen. Diese Möglichkeit besteht auch heute schon und steht in keinem Widerspruch zu den Interessen der Pflege.

Das heißt nicht, dass das unsägliche Vorhaben der Großen Koalition vom Tisch wäre. Es ist aber auch nicht so, dass die 9-jährige Schulbildung, als Zulassungskriterium für die Krankenpflege festgeschrieben ist.

Der Deutsche Pflegerat wird auf Basis des vorliegenden Kompromiss-Papieres, weiter daran arbeiten, die Politik von diesem Fehler abzuhalten.

Dieser Sachverhalt wurde mir telefonisch auch vom Bundesministerium für Gesundheit bestätigt. Ebenso die grundsätzliche Offenheit für den Vorschlag des DPR.

– Volker Haßlinger –

Die Vorgeschichte mit verschiedenen Stellungnahmen